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GESCHICHTE DER WEHR.
Das Industriedorf Erdhausen besaß schon in 1861 eine eigene tragbare Feuerspritze, im Wert von 700 Gulden. Warum das Dorf schon so früh eine eigene Feuerwehrspritze besaß lag an einem ungewöhnlichen Vorstoß des damaligen Bürgermeister Thomas. Erdhausen hatte bis 1861 vierundzwanzig Feuerboten zu stellen. Die mußten bei einer Feuersbrunst in alle benachbarten Orte im Umkreis von drei Wegestunden dringend benötigte Hilfe holen. Obwohl im benachbarten Gladenbach zwei große Spritzen standen, kam von der dortigen Pflichtfeuerwehr nicht immer sofort Hilfe, zudem waren die Gladenbacher Spritzenmannschaften bei einem Großfeuer hoffnungslos überfordert. Diese Gründe führten dazu, daß der Erdhäuser Bürgermeister sich schriftlich an den Kreisrat wendete:
Da die 14 Gemeinden, welche zu dem Feuerlöschverband Gladenbach zählen (Es waren Ammenhausen, Bellnhausen, Diedenshausen, Erdhausen, Friebertshausen, Frohnhausen, Kehlnbach, Mornshausen/S., Rachelshausen, Rüchenbach, Runzhausen, Sinkershausen und Weidenhausen.: Anm. des Verf.) nur mit zwei Feuerspritzen versehen sind, welche in Gladenbach stehen, so nehmen wir Veranlassung, Ihnen hierdurch bemerklich zu machen, daß diese Einrichtung nicht genügt. Am besten und sichersten ist es stets, wenn jede Gemeinde ihre eigene Feuerspritze hat, denn so klein und arm ist keine Gemeinde, daß sie nicht mindestens eine gute tragbare Spritze anschaffen kann.”
Das Schreiben hatte wohl Anklang beim Kreisrat gefunden, denn wenig später wurden die besagten Gemeinden aufgefordert sich eine eigene Spritze anzuschaffen. Dies scheiterte jedoch bekanntlich an den fehlenden Geldern, für die meisten Gemeinden war es billiger, das, Spritzengeld” zu entrichten als sich eine eigene Feuerwehrspritze anzuschaffen.
Erdhausen war finanziell in der Lage sich am 26 November 1861 eine eigene Feuerspritze anzuschaffen. Die Pflichtfeuerwehr Erdhausen dürfte auch beim Löschen der Brände des Hotel Deutsches Haus (1896) und bei dem Großbrand des Hauses Adrians (1900) in Gladenbach mit geholfen haben. Ob es in 1912 den Versuch gab eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen, läßt sich noch dem jetzigen Stand der vorhanden Unterlagen nicht eindeutig rekonstruieren. Die Gemeinde Erdhausen schaffte 1912 eine neue Handdruckspritze an. Die Dorfbevölkerung schaffte entweder 12-14 Stunden täglich bei den Metallgießereien Aurorahütte und Zimmermann, oder waren in der arbeitsaufwendigen Landwirtschaft tätig. Also, keine Zeit sich in einer Freiwilligen Feuerwehr zu engagieren. Erst am 26. November 1929 fanden sich genügend engagierte Männer, die in dieser von Krisen geschüttelten Zeit eine Freiwillige Feuerwehr aus der Taufe hoben, erster Chef der neuen Wehr war Hermann Heck. Der erste Übungsdienst bestand aus einer Stunde Fußdienst und einer Stunde Schulungsvortrag. Alte Aufzeichnungen zufolge war die Hydranten Brandschutztruppe in eine Leiter, Hydranten- und Spritzenmannschaft unterteilt. Die Schulung erfolgte nach der Kenntnis des Ortsbrandmeisters, der Wissen aus der eher spärlich Fachliteratur und verschiedenen Vorträgen aneignen mußte.
Im Jahre 1938 bekam die Erdhäuser Wehr ihre erste Motorspritze, auf der Aurorahütte war ebenfalls eine Motorspritze stationiert, die von der Betriebsfeuerwehr bedient wurde. Die Feuerwehr Erdhausen wurde, genauso wie die anderen Wehren, zur Polizeihilfstruppe. Aus der selbständigen Wehr wurde eine Befehlsempfängergruppe für das NS-Regime, die Wehrleute waren oft in Ihren Uniformen für Sammlungen und km unterwegs, hinzu kam, daß immer mehr Männer an die Front mußten. Um den Brandschutz des Dorfes weiterhin aufrecht zu erhalten, wurde eine Mädchengruppe aufgestellt.
Pech hatten die Erdhäuser mit ihrer Motorspritze, da die Zündanlage ausgefallen war mußte die Spritze in die Werkstatt. Ausgerechnet am 6. Dezember 1944 wurde Gießen bombardiert und somit auch die wichtige Zündanlage für die Motorspritze zerstört. Es dauerte viele Monate bis das wichtige Teil wieder eingebaut werden konnte.
Es dauerte bis 1953 bis die Freiwillige Feuerwehr Erdhausen ihren geordneten Dienst wieder aufnehmen konnte. Die Wehr Erdhausen wird zu einem unverzichtbaren Teil des Dorflebens. Das Jahr 1969 wird zur Herausforderung in der Geschichte der Wehr. Am 7. August kommt es zu einem Großbrand auf der Aurorahütte der nicht nur das Können der eigenen Wehr auf die Probe stellte. Sieben Feuerwehren verhinderten in einem stundenlangen Löscheinsatz, daß sich der Brand auf andere Betriebsteile ausbreiten konnte. Noch in 15 km Entfernung war der tiefschwarze Rauch über dem Gießereiwerk zu sehen. Die Bilanz liest sich eher nüchtern: Fast 1 Millionen DM Sachschaden, eingesetzt waren 150 Wehrleute mit 10 Fahrzeugen und Motorspritzen und es wurden ca. 3 Kilometer Schläuche verlegt. Drei Tage später brannte ein Gehöft in Runzhausen ab, Bilanz: 300.000 DM Sachschaden, 40 verbrannte Schweine und die verlorenen Ernteerträge. Die Wehr Erdhausen eilte auch bei diesem Brand zur Hilfe. Ende August konnte die Wehr dann ihr 40ähriges Bestehen feiern, neben großzügigen Geldgeschenken gab es auch die dringend benötigten Handsprechfunkgeräte und Schlauchmaterial. Mit ständiger Dringlichkeit und einem großen Arbeitseinsatz konnten die Mitglieder der Wehr 1974 ein neues Gerätehaus neben dem Bürgerhaus in Dienst stellen. Das Haus bietet auf 166 qm Nutzfläche genügend Platz zum Unterstellen der Fahrzeuge und Geräte. Im gleichen Jahr gründeten die Erdhäuser eine Jugendfeuerwehr, um den Nachwuchs für die Zukunft zu sichern.
Ein Jahr später findet im Bürgerhaus der Gemeinde die erste Jahreshauptversammlung aller Feuerwehren der neuen Großgemeinde Gladenbach statt. Am 1. Juli 1974 wurden auf Grund der Hessischen Gebietsreform 15 ehemals selbständige Gemeinden zu einer Großgemeinde zusammengelegt. Für die Feuerwehren bedeutete dies zwar nicht den Verlust der Selbständigkeit, aber aus Ortsbrandmeistern wurden Wehrführer und ein Stadtbrandinspektor sollte die Arbeit aller Wehren koordinieren Im Bürgerhaus Erdhausen wurde nicht nur ein Stadtbrandinspektor gewählt, sondern auch die Feuerwehren der Stadt Gladenbach ganz offiziell aus der Taufe gehoben. Die Feuerwehren der Stadt Gladenbach hatten aber schon im September 1974 begonnen ihre Arbeit aufzunehmen.
1979 blickte die Erdhäuser Wehr auf eine 50-jährige Geschichte zurück, die gebührend am Bürgerhaus gefeiert wurde. Ein Schicksal das ,,Gott sei Dank” bisher nur wenige Feuerwehren traf, schlug in Erdhausen gleich zweimal zu. Es brannte im eigenen Feuerwehrgerätehaus! Eine Frau legte innerhalb weniger Tage im Mai 1981 gleich zweimal Feuer und alarmierte dann selbst die Wehr. Der angerichtete Sachschaden hielt sich in Grenzen, der Brandschutz war hierdurch nicht gefährdet.
Das Jahr 1983 wurde für die Wehr Erdhausen ein Einsatzreiches Jahr. Im Februar brannte es auf der Aurorahütte, dort hatte sich bei Schweißarbeiten das Dach der Gießerei entzündet. Im August brannte auf der Koppe der Aussichtsturm ab. Wenige Tage später fuhr man einen Brandeinsatz in Weidenhausen, zudem wurde die Wehr bei Hilfeleistungen eingesetzt.
Der Februar 1984 sorgte dafür, daß Erdhausen für einige Stunden an einem See lag. Das sogenannte “Jahrhunderthochwasser” hatte die Salzböde über die Ufer treten lassen. Die Wehr leistete hier Schwerstarbeit, galt es doch den Stahlformenbauer Zimmermann und eine Anzahl von privaten Wohnhäuser vor dem eindringenden Wasser der Salzböde zu schützen.
1985 wurde der langjährige Wehrführer Kurt Mangold in den Ruhestand verabschiedet. Mangold prägte über viele Jahre hinweg das Geschehen der Wehr. Der langjährige Wehrführer bekommt von seinen Kameraden nach 45 Jahren aktiven Dienst einen original amerikanischen Feuerwehrhelm geschenkt und viele Glückwünsche. Gleichzeitig wird er zum Ehrenwehrführer ernannt.
Die Wehr Erdhausen unterstützte die Gladenbacher Wehr beim Löschen der alten Zigarrenfabrik in der Bahnhofstraße 11, daß Feuer machte 38 Menschen vorübergehend obdachlos. Im September 1992 brannte es in Wohnhaus: Ein zerstörtes Wohnhaus und 11 obdachlose Menschen. Die folgenden Jahre waren immer wieder durch große Einsätze gekennzeichnet. So halfen die Erdhäuser beim Löschen der Großbrände im Januar 1994 in Mornshausen/., in Gladenbach beim Brand des Schuhhauses Schmidt und auf der Grube Erin.
Herbert Hof legte 1995 das Amt des Wehrführers in die Hände von Rainer Horak, ebenfalls in 1995 konnte die Jugendfeuerwehr auf ihr 20-jähriges Bestehen zurückblicken.
Einen brisanten Einsatz fuhr die Wehr Erdhausen am Samstag, dem 1. April 1995, noch in letzter Minute konnten sie zusammen mit der Stützpunktfeuerwehr Gladenbach fünf Menschen vor den Flammentod retten. Ein Wohnhaus am Gerspel war in Brand geraten. In 1997 renovierten die Erdhäuser in großer Eigenleistung ihr Gerätehaus.
Die Wehr Erdhausen blickt in 1999 auf ihr 70jähriges Bestehen zurück, daß ist Grund zu feiern. Deswegen finden auch hier die Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Feuerwehren der Stadt Gladenbach statt. Der andere Grund: In Erdhausen formierten sich offiziell die Feuerwehren zum Verband und wählten hier ihren ersten Stadtbrandinspektor.
Die Wehr heute hat 20 Aktive, darunter zwei Frauen. Besitz ein MTW,ein HLF 1 und einen Schlauchanhänger. Jeder Feuerwehrkamerad/in hat mindesten den Grundlehrgang absolviert, für die Größe der Wehr ist der Ausbildungsstand sehr gut .Es wurde die stille Alarmierung eingeführt. Über Funkalarmempfänger kann jederzeit eine Atemschutzgruppe zu Einsätzen beordert werden.
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